Kritik Kino
Das Lehrerzimmer

Eine Filmkritik von Judith A., 15 Jahre

Spielfilm, Deutschland 2023, 98 min.

5 von 5 Sternen

Was im Lehrerzimmer passiert, bleibt im Lehrerzimmer.

Carla Nowak ist eine Lehrerin, wie man sie selbst gerne (gehabt) hätte bzw. sich für seine eigenen Kinder wünschen würde. Sie hat gerade ihre erste Stelle an einem Gymnasium angetreten und unterrichtet mit enormem Engagement die Fächer Sport und Mathematik, wobei sie nicht vor unkonventionellen pädagogischen Methoden zurückschreckt. Rhythmische Klatschspiele sind fester Bestandteil ihrer Stunden und an dem Punkt, wo manch andere Lehrkraft Einwände der Schüler als sinnlose Beschwerde abwürgen würde, diskutiert sie mit ihnen weiter. Sie fördert die Leistungsstarken, stellt gleichzeitig aber die Leistungsschwachen nicht bloß. Sie verleiht Zauberwürfel und beantwortet Fragen für die Schülerzeitung. Beim Großteil der Schülerschaft kommt dies auch gut an. Im Kollegium muss sie hingegen zwischen Selbstgerechtigkeit, Neid und Rechthaberei erst ihren Platz finden. Dass es nach kurzer Zeit an der Schule zu einer Reihe von Diebstählen kommt, ist dabei selbsterklärend nicht wirklich förderlich. Und auch das Verhältnis zu Eltern- und Schülerschaft leidet darunter sehr. Als schließlich einer ihrer Schüler, ein türkischer Junge, verdächtigt wird, beschließt sie selbst Nachforschungen anzustellen, was sie jedoch in ein moralisches Dilemma katapultiert.

Ein Film, bei dem ich mich zeitweise aufgrund der realitätsnahen Handlung darauf besinnen musste, dass es ein Film ist. Mittels Kameraführung und Musikuntermalung sind die Gefühle der Beklemmung und Unruhe von Anfang an präsent gewesen. Gut gefallen haben mir persönlich zwei Szenen. Weil eine genaue Erläuterung ihrer Handlung an dieser Stelle zu viel über den Ausgang des Films verraten würde,nur so viel: Sie zeigen eindrucksvoll und nachdrücklich, wie a) ein einzelner Verdacht den Blick auf das gesamte Umfeld möglicherweise beeinflusst und b) dass Situationen manchmal verfahren und ohne zufriedenstellende Lösung bleiben.

Noch eine "offensichtlichere" Szene: Die junge Lehrerin läuft gestresst einen Gang entlang und bricht fast zusammen, während ihre Schüler in scheinbar einheitlicher weißer Kleidung an ihr vorbeilaufen bzw. fast schon marschieren.
Ich würde für meine Altersempfehlung zwei Jahre zu der aktuellen hinzuaddieren, da ich glaube, dass das offene Ende und viele weitere Stilmittel des Films für jüngere Personen wenig bis gar nicht verständlich sind und/ oder verstörend wirken könnten.
Von meinem Standpunkt aus, mit aktuell 16 Jahren, kann ich aber sagen, dass ich das offene Ende bspw. als passend und interessant empfinde, da es viel Interpretationsspielraum für die Zuschauerschaft bietet.

Fazit

Meiner Ansicht nach ist der Film definitiv sehenswert, da er aktuelle und wichtige Themen wie rassistische Mikroaggressionen, Klassismus, Mobbing und Machtstrukturen behandelt und diese noch dazu an einem Ort, der allgemein (dafür) bekannt ist - der Schule- verortet/vereint. Um explizit auf den Aspekt Klassismus einzugehen, ohne zu viel von der Handlung zu verraten: Er zeigt, dass in unserer Welt Intelligenz allein für eine erfolgreiche Karriere nicht reicht, sondern es dafür der nötigen finanziellen Mittel bedarf und es daher wichtig ist, dass Kinder mit diesen Rahmenbedingungen/ Hintergründen im schulischen Kontext eine besondere Förderung erfahren.

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FILMDATEN

Regie: İlker Çatak

Drehbuch: Johannes Duncker, İlker Çatak

Kamera: Judith Kaufmann

Schnitt: Gesa Jäger

Darsteller:innen: Leonie Benesch: Carla Nowak; Michael Klammer: Thomas Liebenwerda; Rafael Stachowiak: Milosz Dudek; Anne-Kathrin Gummich: Dr. Bettina Böhm; Eva Löbau: Friederike Kuhn; Kathrin Wehlisch: Lore Semnik; Sarah Bauerett: Vanessa König; Leonard Stettnisch: Oskar; Oscar Zickur: Lukas; Antonia Luise Krämer: Jenny; Elsa Krieger: Hatice; Vincent Stachowiak: Tom; Can Rodenbostel: Ali; Padmé Hamdemir: Lieun; Lisa Marie Trense: Luise; Uygar Tamer: Frau Yilmaz (Alis Mutter); Özgür Karadeniz: Herr Yilmaz (Alis Vater)

Altersempfehlung (FSK): Ab 12 Jahren

Meine Altersempfehlung: Ab 14 Jahren